Andachten

Andacht Oktober 2024

Die Güte des HERRN ist's, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß.
Klagelieder 3, 22-23

Das Kapitel aus den Klageliedern, aus dem dieser Vers stammt, beginnt mit einer eindrücklichen Aufzählung all der Leiden, die der Beter in seinem Leben erleben muss. Er klagt seinen Gott dafür an, dass er in dunklen Zeiten lebt, dass seine Knochen schmerzen und dass seine Haut alt und schlaff geworden ist. Er fühlt sich fast schon wie tot und in seiner ausweglosen Situation alleingelassen und gefangen. Allenfalls Spott hat er noch zu erwarten, so schlecht geht es ihm.

Andacht September 2024

Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der Herr, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?
Jeremia 23,23

Hier spricht Gott selbst. Er ist wütend, aufgebracht. Er wendet sich an Propheten, die sein Volk in die Irre führen. Sie reden ihre eigenen Worte und nicht Sein Wort, erzählen von ihren eigenen Träumen und nicht von Träumen, die Er ihnen gab. Sie maßen sich an, in Gottes Namen zu sprechen. Sie lügen und betrügen. Sie wiegen ihre Mitmenschen in einer falschen Sicherheit, reden was gefällt und warnen sie nicht vor den Folgen ihres Handelns. So ist keine Umkehr möglich. Es wird sich nichts verändern. Menschen betrügen andere Menschen zu ihrem eigenen Vorteil und das tun sie im Namen Gottes. Sie Wegweiser, die falsche Wege weisen.

Andacht August 2024

Der Herr heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.
Psalm 147, 3

Diese Bibelworte sind Teil eines Psalms, der ein großes Lob Gottes anstimmt und der zum Singen gedacht war. Dazu ermuntert der erste Vers: „Gut ist es, unserm Gott zu singen; schön ist es ihn zu loben.“ Singen und loben sind die beiden Verben, die anzeigen, dass an ein musikalisch begleitetes Singen der Gemeinde gedacht war. Wie das klang, wissen wir nicht. Vermutlich hat dieser Auftakt Anton Bruckner dazu animiert, dem Psalm eine wunderbare, kantatenähnliche Vertonung zu widmen (Bruckner WAB 37, Psalm 146). Dass sein Werk den Psalm als den 146. ausgibt, liegt daran, dass er sich bei der Zählung an die lateinische Bibel hält. Es lohnt sich, in dieses Werk, das auf Streaming-Plattformen verfügbar ist, einmal hineinzuhören.

Andacht Juli 2024

"Du sollst der Menge nicht folgen zum Bösen." (Ex 23,2 Elberfelder)

Eine Menge ist mächtig. Nicht erst seit den großen Massenhysterien des Nationalsozialismus ist klar: Eine Masse von Menschen hat eine gewaltige, mitreißende Anziehungskraft. Menschen fühlen sich gerne zugehörig. Einer Masse mit einem vermeintlichen Konsens kann der Einzelne sich nur schwer entziehen. Gerade heute gibt es mit den Sozialen Medien und unserer ausdifferenzierten Gesellschaft immer mehr sogenannte "Bubbles", Filterblasen, wo wir in Gruppen unterwegs sind, die vor allem unsere eigenen Meinungen widerspiegeln. Das ist aber nur eine neue Episode eines alten Phänomens. Solche Gruppenphänomene haben positive Effekte: Es stärkt das Wir-Gefühl und lässt die Zusammenarbeit leichter fallen. Es gibt eine große Nähe und gute Gemeinschaft.

Andacht Juni 2024

Mose sagte: Fürchtet euch nicht! Bleibt stehen und schaut zu, wie der HERR euch heute rettet!
2. Mose 14, 13

Die Geschichte, wie die Israeliten das Meer durchziehen und den Ägyptern entrinnen, übt bis heute ihren Reiz aus. Befreiung aus Tyrannei und Zwang, auch wenn alles verloren geglaubt wird, scheint eine tiefe Sehnsucht bei vielen Menschen wachzurufen. Die Dokumentarserie „Testament. Die Geschichte von Moses“, welche seit kurzem auf der Streaming-Plattform Netflix zu sehen ist, ist nur eines von vielen Beispielen für diese anhaltende Faszination. Von der Überzeugungskraft dieses Formats mag sich jede und jeder selbst ein Bild machen. Die Bibel jedenfalls legt es nicht darauf an, das Wunder als ein Ereignis darzustellen, das man lediglich als interessierter Zuschauer bestaunt.

Andacht Mai 2024

Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten.
Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich.
1. Korinther 6, 12

„Alles ist mir erlaubt!“ Das wäre doch schon ein guter Monatsspruch gewesen, oder? Die christliche Freiheit auf den Punkt gebracht. Zur Unterstützung könnte man weitere Sätze dazustellen, die Paulus geschrieben hat. Der Gemeinde in Galatien ruft er zu: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!“ (Galater 5,1).

Freiheit ist ein hoher christlicher Wert. Dass wir an einen Gott glauben, der in die Freiheit führt, zeigt sich schon im Alten Testament: „Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe.“ So stellt sich Gott in 2. Mose 20,2 vor. Aus der Knechtschaft in die Freiheit führt er, in ein gutes Land hinein – das hat Israel erlebt, so haben sie Gott kennen gelernt.

Andacht April 2024

Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt.
1. Petrus 3, 15

Nicht immer ist Schweigen Gold und Reden Silber. In so manchen Situationen in meinem Leben habe ich geschwiegen, obwohl reden vielleicht hilfreicher gewesen wäre und geredet, obwohl schweigen angebrachter gewesen wäre. Nicht jedem will ich Rede und Antwort stehen oder für alles Rechenschaft ablegen müssen. Doch hier werde ich aufgefordert und herausgefordert: Nicht zu schweigen von der Hoffnung, die mich erfüllt. Hier werden wir, als Gemeinde Christi, aufgefordert nicht zu schweigen, von der Hoffnung, die uns erfüllt.

Andacht März 2024

Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier.

Markus 16, 6

Entsetzen und Furcht sind im Markusevangelium die zentralen Gefühle angesichts der Auferstehungserfahrung. Die drei Frauen, die am Ostermorgen zum Grab kommen, finden dieses offen vor und entdecken statt dem erwarteten Leichnam des gekreuzigten Jesus im Grab einen Jüngling in weißem Gewand sitzen. Und Markus beschreibt ihre unmittelbare Reaktion mit den Worten: „und sie entsetzten sich“ (V.5). Der Schock war den Frauen offenbar derart ins Gesicht geschrieben, dass der Engel direkt auf ihr Erschrecken reagiert: „Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier.“ (V.6)

Die beiden Marias und Salome sind so geschockt, dass sie kaum mitbekommen, dass ihnen der Engel noch aufträgt, diese gute Botschaft an die anderen Jünger Jesu zu überbringen. Und dass sie nach Galiläa gehen sollen, um dort den Auferstanden zu sehen, das scheinen sie ebenfalls angesichts ihres Erschreckens überhört zu haben. Denn Markus schildert anschließend keine Freude der Frauen, sondern dass sie voll Zittern und Entsetzen von dem Grab fliehen und niemandem etwas davon erzählen, weil sie sich fürchten (V.8).

Andacht Februar 2024

Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes richtig ist, für jedes gute Werk ausgerüstet.
2. Timotheus 3, 16

2 Timotheus 3, 16 ist ein Vers, den es sich lohnt zu beherzigen, denn er betont die transformative Kraft des Studiums des Wortes Gottes. Paulus verwendet hier den Begriff „theopneustos“, was wörtlich „vom Atem Gottes inspiriert“ bedeutet. Damit weist er darauf hin, dass die Heilige Schrift nicht einfach menschlichen Ursprungs ist, sondern Gott als ihre Quelle hat. Wie es in unserer Rechenschaft vom Glauben heißt: „Die Bibel ist Gottes Wort im Menschenmund.“

Andacht Januar 2024

Junger Wein gehört in neue Schläuche.
Mk 2, 22

Ich schätze es sehr, wenn es uns Menschen in Gemeinde und Gesellschaft gelingt, das Alte mit dem Neuen zu verbinden. Denn ich liebe Altes und ich liebe Neues. Gerade die Verbindung aus Altem und Neuem macht für mich ganz häufig die Schönheit des Lebens aus. Wer könnte Neues schätzen, wenn er nicht zugleich um Altvertrautes wüsste? Und wer kann den Kitzel des Neuen und Unbekannten genießen, wenn da nicht zugleich die Ruhe und Vertrautheit des Alt-Bekannten wären? Es kann ein großer Segen sein, Altes und Neues zu verbinden.

Jahreslosung 2024

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe!
1. Korinther 16,14

Liebe macht einen Unterschied.

Aus der Ferne schreibt Paulus an die Gemeinde in Korinth. Er schreibt an eine zerstrittene Gemeinde in einer schwierigen Situation. Er kann selbst nicht vor Ort sein und die Gemeinde direkt begleiten. So kommt seine seelsorgliche Zuwendung als Gemeindegründer und Gemeindeleiter per Brief. Zum Schluss des Briefes fasst er dann die wesentlichen Anweisungen und Empfehlungen zusammen. Hier betont Paulus noch einmal, was ihm besonders wichtig ist: die Liebe. Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.

Andacht Dezember 2023

Meine Augen haben deinen Heiland gesehen, das Heil, das du bereitet hast vor allen Völkern.
Lukas 2, 30-31

Simeon hatte ein Wort von Gott gehört: Er solle nicht sterben, bevor er nicht den Messias, den Christus, gesehen habe. Doch dieses Erlebnis lag nun schon längere Zeit zurück. Simeon wartete und wartete, vielleicht Jahr um Jahr. Manche späteren Nacherzählungen und Bilder stellen ihn als Greis dar. Aber davon weiß der Evangelist Lukas nichts zu berichten. Jedenfalls hatte sich die Sache hingezogen. Simeon gab nicht auf. Er wollte noch etwas vom Leben Gottes in dieser Welt sehen und es umarmen.

Andacht November 2023

Er allein breitet den Himmel aus und geht auf den Wogen des Meers. Er macht den Großen Wagen am Himmel und den Orion und das Siebengestirn und die Sterne des Südens.
Hiob 9, 8-9

Es ist eine kalte, glasklare Nacht. Ein Mann steht in einer Wüste des Vorderen Orients und blickt in den Himmel. Hiob heißt er. Wie ein aufgespanntes Zelt umgibt ihn der Nachthimmel. Unzählige Sterne leuchten ihm entgegen, und er sieht Sternbilder, die er schon seit Kindertagen kennt. Langsam ziehen sie mit verlässlicher Treue ihre Bahn. Jeden Tag, jedes Jahr. Wie oft schon hat er diese Pracht bestaunt. Bis vor kurzem war der Sternenhimmel für ihn eine Bestätigung der Macht und Überlegenheit Gottes. Diesem Gott war er treu. Und er hatte ihn wiederum mit Glück und Reichtum beschenkt. Aber jetzt, da ihm alles genommen wurde? Besitz, Kinder, Gesundheit. Jetzt leuchten die Sterne immer noch und ziehen gleichmäßig ihre Bahn. Der Himmel aber ist ihm unheimlich geworden. Der Gott, der die Sterne geschaffen und sie auf ihre Bahn geschickt hat, ist ihm fremd.  

Andacht Oktober 2023

Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.
Jakobus 1, 22

Der Schreiber dieses Briefes hat Angst. Er befürchtet, dass seine Leserinnen und Leser sich zu sehr auf ihren Glauben verlassen. Er kennt die Botschaft des Apostels Paulus, dass der Glaube aus der Predigt und damit aus dem Hören auf das Wort Gottes kommt. Aber er findet es ausgesprochen schwierig, wenn daraus abgeleitet wird, dass es nur noch auf den Glauben ankommt.

Was ist mit einem Glauben, der sich nicht im Leben zeigt? Was ist, wenn das Vertrauen auf die Liebe Gottes nicht zu einem veränderten Verhalten führt? Wie sollen andere die Botschaft des Evangeliums als bedeutsam erkennen, wenn sich die Glaubenden in ihrem Verhalten nicht von anderen unterscheiden?

Andacht September 2023

Jesus Christus spricht: "Wer sagt denn ihr, dass ich bin?“
Matthäus 16, 15

Es ist eine natürliche menschliche Neigung: Wenn wir mit etwas Neuem konfrontiert werden, versuchen wir, das Neue in Kategorien einzuordnen, die uns bequem und vertraut erscheinen. Die religiösen Führer zur Zeit Jesu wollten Jesus nach ihren eigenen Vorstellungen und Erwartungen verstehen. Sie erkannten nicht (und auch wir begreifen dies heute oft nicht), dass es nur möglich ist, die wahre Identität Jesu zu verstehen, wenn wir unsere menschlichen Erwartungen beiseitelegen und uns von Jesu eigener Lehre über sein Leben und seine Mission leiten lassen.

Andacht August 2023

Denn Du bist mein Helfer, und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich.
Psalm 63, 8

Hat Gott Flügel? Im obigen Psalmengebet wird von den Flügeln Gottes gesprochen. Gott wird hier mit einem Vogel verglichen, der seine Küken schützend unter seine Flügel nimmt. Dieses Bild beschreibt, wie Gott sich als Helfer zeigt: In seiner Nähe dürfen wir uns sicher fühlen, wie die kleinen Vögel unter den Flügeln ihrer Elternvögel.

Was mich so fasziniert, ist die Leichtigkeit und Freude, die sich dabei einstellt. Wenn ein Vogel bedroht wird und Angst hat und sich „unter die Flügel“ begibt, dann stelle ich mir vor, dass das Tier ganz still ist und vorsichtig abwartet, bis die Gefahr vorbeigeht. Das Bild spricht aber davon, dass die Küken hier fröhlich singen. Sie sind völlig ohne Angst. Sie fühlen sich sehr sicher, sodass sie sogar „frohlocken“ können.

Was tun, wenn es schwierig wird? Wenn das Leben oder der Alltag mich überfordert? Wenn sich die ein oder andere Angst einstellt und ich mich unsicher fühle? Wie kann Gott da zu meinem Helfer werden? In der Nähe Gottes kann ich sicher sein. In der Nähe Gottes? Manchmal, gerade in schwierigen Situationen scheint Gott sehr weit entfernt zu sein. Dann fehlt das Gefühl von Schutz und Sicherheit.

Andacht Juli 2023

Jesus Christus spricht: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet.
Matthäus 5, 44-45

Diese kurze Andacht wird nicht die Frage beantworten, wie der Krieg in der Ukraine zu einem Ende kommen und wieder Frieden werden kann. Ich werde dir, liebe Leserin und lieber Leser, auch nicht sagen, was du angesichts von Unfrieden und Gewalt zu tun und zu lassen hast. Und ich werde dich nicht mit lebenspraktischen Beispielen aus deinem Alltag abholen. Heute geht vielmehr darum, dass du ein Wort Jesu in deinen Alltag hineinlässt. Nimm dir zehn Minuten Zeit, nimm eine Bibel zur Hand und lies die Textstellen, von denen hier die Rede ist, lies vielleicht auch ein paar Verse davor und danach.

Andacht Juni 2023

Gott gebe dir vom Tau des Himmels und vom Fett der Erde und Korn und Wein die Fülle.
Genesis 27, 28

„Bist Du glücklich?“ Wann hat Ihnen jemand das letzte Mal diese Frage gestellt? Ich meine nicht die eher beiläufige, häufig floskelhafte Frage „wie geht’s?“, sondern die unvoreingenommene, ganz offene, ehrliche und interessierte Frage nach Ihrem persönlichen Wohlergehen. Würden Sie von sich sagen, dass Sie glücklich sind? Finden Sie diese Frage eher leicht oder schwer zu beantworten? Falls Sie zögern – an welcher Stelle spüren Sie den inneren Widerstand? Was gehört für Sie unbedingt dazu, um sagen zu können: „Ja, ich bin glücklich!?“

Andacht Mai 2023

„Weigere dich nicht, dem Bedürftigen Gutes zu tun, wenn deine Hand es vermag.“
Sprüche 3, 27

Der Monatsspruch enthält eine Mahnung, die es in die biblische Sammlung der Sprüche, also der Lebensweisheiten Israels geschafft hat. Eine Ermahnung zur Gebefreudigkeit, die im folgenden Vers noch um die Aufforderung erweitert wird, diejenigen, die um Hilfe bitten, nicht auf den nächsten Tag zu vertrösten, wenn eine direkte Unterstützung möglich ist.

Natürlich hat dieser Bibelvers die harte antike Lebenswirklichkeit vor Augen. Wer seinen Lebensunterhalt nicht durch Arbeit verdienen konnte, der war auf mildtätige Hilfe angewiesen. Es gab weder eine Renten- noch eine Kranken- noch eine Arbeitslosenversicherung. Allenfalls die eigene Familie war zu Unterstützung verpflichtet, aber wenn auch die ausfiel, dann war das Betteln die einzige Möglichkeit zum Überleben.

Andacht April 2023

Denn dazu ist Christus gestorben und wieder lebendig geworden, dass er über Tote und Lebende Herr sei.
Römer 14, 9

Diese bedeutungsschwere Aussage des Apostels Paulus hat einen erstaunlich alltäglichen Anlass: Streit und Spaltung in der römischen Gemeinde. Der Zusammenhang des Verses zeichnet ein deutliches Bild: In der römischen Gemeinde sieht man die Dinge unterschiedlich. Die einen haben ein weiteres Gewissen, was das Essen von bestimmten Speisen angeht; die anderen ein engeres. Und das ist so ein großes Problem, dass der Apostel mit seinem berühmten Brief darauf eingehen muss. Es ist beruhigend und beunruhigend zugleich, dass schon die ersten Christenmenschen mit Spaltungen und Streitereien gelebt haben. Sicher, die Themen haben sich verändert: Speisevorschriften stehen heute nicht mehr so im Mittelpunkt (wobei die Frage nach dem Fleisch-Essen gerade wieder in neuer Form auflebt), aber die Fragen nach Musikstil, Gemeindeausrichtung und – spätestens seit den Corona-Maßnahmen – auch gesellschaftlich-politische Überzeugungen führen immer wieder neu zu Trennung und Gruppenbildung in der christlichen Gemeinde.

Andacht März 2023

Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert?
Römer 8, 35

Der Apostel Paulus formuliert in diesem Satz zwei Fragen. Aber eine Antwort gibt er nicht. Wer die Bibelstelle kennt, weiß, dass die Antwort im Kontext des Verses gegeben wird. Aber die Fragen haben es in sich. Deswegen lohnt es sich, dass wir zunächst die Spannung aushalten, bevor wir uns die Antwort sagen lassen.

Es sind Fragen, in denen sich ein existentielles Ringen ausspricht. Das Ringen um die Gewissheit, ob Gott in notvollen und entbehrungsreichen Lebenssituationen noch unverbrüchlich an unserer Seite steht. Sind wir noch in seiner Hand? Oder erweisen sich die biblischen Zusagen der Treue Gottes nicht doch als warme fromme Worte. Das sind sehr ernste Fragen. Nicht Wenige stellen sie sich.

Andacht Februar 2023

Sara aber sagte: Gott ließ mich lachen.
1. Mose 21, 6

An Fasching und Karneval wird viel gelacht. Es ist lustig, sich zu verkleiden und mal ganz anders zu sein, als es der strenge Alltag erfordert. Es ist schön, in andere Rollen zu schlüpfen, und es tut gut, herzhaft über alles Mögliche zu lachen. Ja, dass wir lachen, ist wichtig für unsere körperliche und seelische Gesundheit. Aber noch wunderbarer ist unser Lachen, wenn wir etwas Befreiendes erlebt haben. Das ist das Lachen Saras nach der Geburt ihres Sohnes Isaak.

Andacht Januar 2023

Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut.
1. Mose 1, 31

Wir stehen am Anfang eines neuen Jahres – das Jahr 2023. Vor uns liegen noch unbeschriebene Monate, hinter uns das Neujahrsfest. Vielleicht auch dieses Jahr mit neuen Vorsätzen und neuen Hoffnungen: Wird jetzt alles besser?

„Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut.“ Sehr gut?! In den Nachrichten über die Ereignisse in unserer Welt sehe ich oftmals etwas anderes. Da möchte ich manchmal schreien oder auch weinen, aus Verzweiflung und Hilfslosigkeit. Und auch in meinem kleinen Alltag spüre ich Chaos, Ängste oder auch körperliche und seelische Schmerzen. Ist alles so, wie es ist „sehr gut“? Das bezweifle ich. Aber ich bin dankbar, trotz der vielen erschütternden Ereignisse dennoch Freude und Liebe erleben zu dürfen – diese kleinen und großen Lichtblicke, diese „sehr guten Momente“.

Andacht Jahreslosung 2023

Du bist ein Gott, der mich sieht.
1. Mose 16, 13

„Du bist ein Gott, der mich sieht“. Eine kraftvolle Jahreslosung, die gut für sich selbst stehen kann. Mit diesem starken Titel benennt eine ägyptische Sklavin den Gott Israels. So ist unser Gott, das ist bis heute sein Wesen: Ein Gott, der mich, der dich sieht. Was für eine wunderbare Zusage, die uns 2023 begleitet!

Und doch: Manchmal lösen gerade solche positiven Aussagen Fragen aus. Siehst du auch mich, Gott? Ich habe nicht den Eindruck. Redest du mit mir? Ich höre so wenig. Ermutigung und Enttäuschung liegen manchmal nah beieinander.

Für mich wird dieser fast zu schöne Satz krisenfester, wenn ich ihn in seinem Kontext lese: Als Höhepunkt einer Geschichte, die in knappen Worten viel Schmerzhaftes erzählt. Viel Leid, das erduldet und einander angetan wird. Da ist eine Frau, die jahrelang auf Kinder gehofft hat und jetzt resigniert sagt: Gott hat mir verwehrt, zu gebären. Die ihrem eigenen Mann daher eine Zweitfrau zuführt, ihre Sklavin. Sarai heißt sie da noch, und ihr Mann Abram. Die Sklavin, Hagar, wird nicht nach ihrer Meinung gefragt. Sie wird von Sarai und Abram auch nie mit Namen genannt, immer nur als „meine/deine Sklavin“ bezeichnet. Und als sie, bald schwanger, auf ihre kinderlose Herrin herabsieht, wird sie von Sarai mit Abrams ausdrücklicher Erlaubnis gedemütigt.

Andacht Dezember 2022

Der Wolf findet Schutz beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Junge leitet sie.
Jesaja 11, 6

Morgens stehen sie auf, machen sich vielleicht einen Kaffee, stellen das Radio an und können es nicht fassen. Über Nacht ist Krieg ausgebrochen. Sie sind völlig überrumpelt. Über Nacht sind Menschen, die auch nicht viel anders sind und leben und denken und reden als man selbst, zu tödlichen Feinden geworden. Die Eltern wecken die Kinder, holen sie zum Frühstückstisch. Sie erklären den Kleinen, dass sie sich von nun an vor den Leuten fürchten müssen, die über Nacht Feinde geworden sind. „Aber bei denen sind doch auch Kinder, warum sollen die plötzlich gefährlich sein?“, wundert sich der kleine Junge. Er wird es schnell begreifen. Nach wenigen Tagen wird er gelernt haben, Angst zu haben. Und je älter und vernünftiger die Kinder sind, desto mächtiger wird sich bei ihnen die Angst zu einem zähen Hass gegen die Feinde verdichten. Dass Menschen über Nacht von Frieden auf Krieg umschalten können, vor allem diejenigen, die vernünftig sind und Verantwortung tragen, ist furchtbare Wirklichkeit. Die Logik der Gewalt, der Angst und des Hasses, in die ein Kriegsausbruch die Menschen zwingt, ist eine unheimliche Realität.

Andacht November 2022

Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen!
Jesaja 5, 20

Eine Erfahrung, die viele kennen: Geschriebene Worte „klingen“ ganz anders, als wenn man direkt miteinander spricht. Per Email oder Handynachricht kommen Worte oft härter, kühler, verletzender an, als sie gemeint waren.

„Wehe…!“ Wie klingt dieses Wort für dich? Ein Gerichtswort, eine Drohung? Die in Jes 5 gesammelten Wehe-Rufe sind auch das. Allerdings leihen sie sich ihr „Wehe“ aus der Totenklage (vgl. 1. Kön 13,30). Neben der Anklage klingt also auch Trauer mit: Klage über einen Weg, der ins Verderben führt.

Der Grundton dieser An-Klagen passt zum leidenschaftlichen Ringen Gottes mit Israel, wie es kurz zuvor im Weinberglied (Jes 5,1-7) beschrieben wurde. Das bittere Resümee in V.7: „Des HERRN Zebaoth Weinberg aber ist das Haus Israel und die Männer Judas seine Pflanzung, an der sein Herz hing. Er wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit.“

Andacht Oktober 2022

Groß und wunderbar sind deine Taten, Herr und Gott, du Herrscher über die ganze Schöpfung. Gerecht und zuverlässig sind deine Wege, du König der Völker.
Offenbarung 15, 3

Dieses Lied ist nicht von dieser Welt. Gewiss nicht. Wo auch immer die Sänger und Sängerinnen sich aufhalten, – ihr Lobpreis hat wahrhaft himmlische Dimensionen. In wenigen Worten fassen die Liedzeilen zusammen, was in Gottes Reich richtig und gut läuft. Die Taten Gottes werden als „groß und wunderbar“ gepriesen. Die Herrschaft über die ganze Schöpfung liegt in den Händen Gottes. Er regiert über alle Völker und das durchweg „gerecht und zuverlässig“.

Andacht September 2022

Gott lieben, das ist die allerschönste Weisheit.
Sirach 1, 14

Was ist Weisheit? Wer ist weise und wie zeigt sich das?

Wenn ich mein Lexikon auf „Weisheit“ hin befrage, findet sich da unter anderem „Lebenserfahrung“ – „durch Erfahrung gewonnene Lehre“ - „innere Reife“. Das klingt nach einem langen Weg, an dessen Ende dann „Weisheit“ steht. Wie lange dauert es, weise zu werden? Wächst Weisheit wie ein Baum, langsam, aber beständig? Und irgendwann gibt es dann reife Früchte zu ernten? Oft wird Weisheit gewonnen durch Lebenserfahrung. Manchmal durch Krisen oder durch Fehler und Fehlentscheidungen. Das wirkt sehr anstrengend. Der Monatsspruch weist uns eine andere Möglichkeit, weise zu werden und die klingt ganz einfach. Auf diesem Weg braucht es keine Krisen oder Fehlentscheidungen. Es bedarf nur einer besonderen Haltung bzw. Einstellung: Gott lieben.

Andacht August 2022

Dann werden jubeln die Bäume des Waldes vor dem HERRN; denn er kommt, die Erde zu richten!
1. Chronik 16, 33

In den Osterferien fuhren wir als Familie für ein paar Tage in den Harz. Da wollten wir immer schon mal hin. Es solle sehr schön sein, hatten wir gehört. Wir malten uns die hohen Bäume und das dichte Grün der Nadeln und Blätter aus. Verglichen mit unserer Vorstellung, die wir uns zuvor gemacht hatten, war dann der tatsächliche Anblick eine große Enttäuschung. Der Wald, den wir dort am Aufstieg zum Brocken erblickten, glich eher einer Wüste. Unübersehbare Spuren von Jahren der Dürre. Das trockene Holz bietet dem Borkenkäfer kaum noch Widerstand. Auf halber Höhe abgebrochene Stämme ragen stumm in den Himmel. Ein trauriges Bild, weit entfernt vom Jubel der Natur, der in 1. Chronik 16,33 anklingt.

Andacht Juli 2022

Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott.
Psalm 42, 3

„Wo ist nun dein Gott“ – eine Frage, die dem Beter des Psalms täglich begegnet. Eine Frage, die ihn quält, angesichts seiner Situation, der gefühlten Ausweglosigkeit, angesichts des Schreckens und der Tränen. „Wo ist nun dein Gott“ oder auch „Wo bist du, mein Gott“ – das sind Fragen, die so manch einem Menschen vielleicht nicht so unbekannt vorkommen.